Bei Multiple Sklerose, kurz auch als MS bezeichnet, handelt es sich um eine entzündliche Krankheit im zentralen Nervensystem, also im Rückenmark und Gehirn. Die Erkrankung nimmt ihren Verlauf in Schüben und der Erkrankte wird durch den Verlauf der Krankheit zunehmend behindert. Auch wenn die Krankheit bis zum heutigen Tag nicht komplett erforscht ist, so sind inzwischen Langzeittherapien vorhanden, die den Fortschritt der Krankheit und auch die Intensität der Schübe reduzieren.
Die Krankheit zeigt sich durch verschiedene Merkmale. Hier können Störungen auf der Haut, Sehstörungen, Muskellähmungen sowie Nervenschmerzen auftreten. Auslöser der Multiple Sklerose sind die Entzündungen, die sich an den Markscheiden (Isolierschichten) der Nervenfasern des zentralen Nervensystems entwickeln. Warum diese Entzündungen erfolgen, ist bis heute noch nicht umfassend erforscht.
Die Bezeichnung der Erkrankung setzt sich aus dem lateinischen Begriff “multiplex “für “vielfach” und den griechischen Begriff “Sklera” für “hart” zusammen. Weitere Bezeichnungen der Erkrankung heißen dann Polysklerose (vom griechischen “polys” für vielfach oder zahlreich) und Enzephlomyelitis disseminiata (aus dem griechischen “enzephalos”, was für Gehirn steht und “myelos”, welches für Mark steht).
Inhaltsverzeichnis
Ursachen der Multiple Sklerose
Gekennzeichnet ist die Multiple Sklerose durch die Entzündungen im Gehirn und Rückenmark. Die genaue Ursache für diese Entzündungen und die daraus resultierenden Zerstörungen der Nervenfasern sind noch nicht komplett erforscht. Wichtige Faktoren wirken sich aber auf die Entwicklung der Multiple Sklerose aus:
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- Die Autoimmunprozesse
Die Krankheit selbst gehört zu den Autoimmunerkrankungen, als Erkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper richtet. Warum dies so ist, ist bisher nicht komplett erforscht, aber Vermutungen gehen dahin, dass Betroffene mit Erregern in Kontakt gekommen sind, die den körpereigenen Strukturen sehr ähnlich sind.
- Die Autoimmunprozesse
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- Genetisch bedingte Ursache
Die Verwandten von Menschen, die eine Multiple Sklerose haben, haben im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ein 10- bis 30-fach erhöhtes Risiko, auch eine Multiple Sklerose auszubilden. Dabei ist die Multiple Sklerose bei einigen Völkern deutlich seltener zu verzeichnen als bei anderen. Forscher schließen daraus, dass erbliche Faktoren die Entwicklung der Multiple Sklerose deutlich beeinflussen. Klassisch vererbbar und damit als Erbkrankheit bezeichnet man Multiple Sklerose aber nicht, denn auch Umweltfaktoren haben einen Einfluss auf die Entstehung der Krankheit.
- Genetisch bedingte Ursache
- Infektionen
Auch dann, wenn Infektionen mit Erregern, ausgeheilt sind, können immer wieder Entzündungen im zentralen Nervensystem aufflammen. Besonders Herpesviren, dass Epstein-Barr-Virus sowie Chlamydien stehen im Verdacht, die Entwicklung der Multiple Sklerose zu begünstigen.
Risikofaktoren bei Multiple Sklerose
Besteht eine Multiple Sklerose, dann können psychische und physische Belastungen, die eine Aktivierung des Immunsystems bewirken, die Ursachen für einen weiteren Schub bei der Erkrankung sein. Risikofaktoren, die akute Schübe bewirken können, sind:
- Stresssituationen
- Schwankungen im Hormonsystem, zum Beispiel in den Wechseljahren
- Infektionen, hier besonders Virusinfektionen
- Impfungen und Hyposensibilisierungen
- Medikamente, die Einfluss auf das Immunsystem nehmen
Symptome für Multiple Sklerose
Die Symptome für die Multiple Sklerose sind sehr vielfältig. Daher gibt es weder typische Anzeichen für die Multiple Sklerose, noch einen klassischen Verlauf. Sehr häufig zeigen sich im Anfangsstadium
- Gefühlsstörungen
- Sehstörungen
- Muskelstörungen.
Typisch für die Störungen bei der Multiple Sklerose ist, dass sie sich durch Fieber, Anstrengungen oder Hitze verstärken.
» Entwicklungsstörungen
Fast immer zeigt sich bei der Multiple Sklerose in den Gliedmaßen ein Taubheitsgefühl oder aber ein Kribbeln, das von Betroffenen als Ameisenhaufen bezeichnet wird. Weiterhin zeigt sich ein Spannungsgefühl im Bereich oder um die Gelenke, das wie ein eiserner Handschuh empfunden wird. Schmerzen oder verminderte Empfindlichkeit, zum Beispiel gegenüber Temperaturen, sind weitere Störungen im Empfinden. Diese Gefühle gehen häufig von Fingerspitzen und Füßen aus und breiten sich dann auf Arm und Bein aus. Ein klassisches Symptom der Multiple Sklerose ist auch das so genannte Nackenbeugezeichen. Wenn der Betroffene den Kopf nach vorn neigt, verspürt er häufig einen Blitz entlang der Wirbelsäule, der sich oftmals sogar bis in die Hände und Füße ausbreitet.
» Sehstörungen
Sehr häufig treten bei der Multiple Sklerose Sehstörungen in unterschiedlicher Ausprägung auf. Der Hintergrund dieser Störungen liegt in einer Entzündung des Sehnerv des. Der Mediziner spricht hier von der Optikusneuritis. Diese Sehstörung fängt mit Schmerzen an, die sich verstärken, sobald die Augäpfel bewegt werden. Der Betroffene erkennt seine Umgebung nur noch durch einen Nebel oder Schleier. Je nach Ausprägung der Entzündung kann letztlich auch das Farbsehen beeinträchtigt werden. Auch Lichtblitze oder komplette Ausfälle im Gesichtsfeld sind möglich. Auch das zentrale Sehen kann beeinträchtigt sein, dann ist es oft sehr schwierig, kleine Schriften zu erkennen.
Nach Abklingen der Entzündungen reduzieren sich die Sehstörungen innerhalb einiger Wochen bis maximal sechs Monaten.
» Lähmungserscheinungen in der Muskulatur
Bei der Multiple Sklerose ist es häufig der Fall, dass die Muskulatur kraftlos ist, schnell ermüdet oder aber angespannt, also spastisch, und steif ist. Weitere Symptome liegen in Lähmungen von Armen und Beinen. Oftmals ist von der Lähmung aber nur ein Bein betroffen.
» Weitere, seltenere Symptome
Verschiedene Hirnnerven können an der Multiple Sklerose beteiligt sein. So entwickeln sich dann auch im Gesicht klassische Symptome. Lähmungen, als Fazilisparese bezeichnet, Geschmacksstörungen und Gleichgewichtsstörungen sind weitere mögliche Symptome.
Sehr belastend empfinden Betroffene die Sprachstörungen. Diese treten immer dann auf, wenn das Kleinhirn durch Entzündungsprozesse Schädigungen erfahren hat. Die Sprachstörungen sind häufig kombiniert mit zitternden Händen sowie Unsicherheit beim Gehen. Die Sprachstörungen äußern sich durch
- eine sehr langsame und schleppende Sprache
- abgehakte Silben
- oder Worte, die dann explosiv heraus gestoßen werden.
» Blasenfunktionsstörungen
Zwei Drittel aller Betroffenen verzeichnen Blasenfunktionsstörungen. Diese sind besonders beeinträchtigend, weil das soziale Leben und das Wohlbefinden bei dieser Störung stark beeinflusst werden. Im frühen Stadium ist es ein sehr heftiger, spontan auftretender Andrang, der kaum zu kontrollieren ist und der zu unwillkürlichem Harnverlust, also Inkontinenz, führt.
» StimmungsschwankungenSehr häufig wirkt sich die Multiple Sklerose auch auf die Psyche aus. Psychische Erkrankungen sind dann die Folge, die mit Stimmungsschwankungen und depressiven Symptomen einhergehen. Antriebslosigkeit, Schlaflosigkeit oder Traurigkeit sind typische Gefühle bei Erkrankten. Allerdings kann sich auch ein sehr euphorisches Verhalten zeigen.
Diagnose der Multiple Sklerose
Besteht der Verdacht auf Multiple Sklerose, dann liegt der erste Schritt der Diagnose darin, dass die Vorgeschichte des Erkrankten erfasst wird. Weiterhin muss das Nervensystem des Betroffenen untersucht werden. Innerhalb der Untersuchung werden verschiedene Kriterien geprüft, die einen Schub der Multiple Sklerose definieren. Der Schub gilt dann als gegeben, wenn
- Symptome mindestens 24 h anhalten
- Symptome innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen wieder aufgetreten sind
- Symptome nicht durch eine Infektion oder eine Veränderung der Körpertemperatur zu erklären sind
Bei der neurologischen Untersuchung werden die Nerven auf ihre Funktion geprüft. Zudem werden Empfindungen, Muskelkraft sowie Reflexe getestet. Eine Skala hilft hier bei der Einschätzung der Einschränkungen.
Weitere Untersuchungen, die den Verdacht auf die Multiple Sklerose untermauern, erfolgen danach. Hierzu gehört zum Beispiel die Untersuchung der Gehirn- sowie Rückenmarkflüssigkeit. Durch diese Untersuchung sind Entzündungen im zentralen Nervensystem diagnostizierbar.
Diagnostiziert wird die Multiple Sklerose auch mittels neurologischer Untersuchung. Im Zusammenhang mit der neurologischen Untersuchung findet eine Untersuchung des Hirnwassers sowie eine Messung der durch Reiz bewirkten Nervenaktivität mittels Elektroenzephalographie, kurz: EEG, statt. Auch die Magnetresonanztomographie wird für die Diagnostizierung der Multiple Sklerose genutzt.
Die Multiple Sklerose zeigt bei verschiedenen Betroffenen auch verschiedene Verläufe. Eine individuelle Prognose, welche Entwicklung die Krankheiten nehmen wird, ist damit nicht möglich. Grundsätzlich sind die Aussichten für den Verlauf der Erkrankung aber oftmals deutlich positiver, als dies zunächst angenommen wird. Hintergrund ist hier, dass die Bandbreite der Therapiemaßnahmen inzwischen sehr groß ist. So sind heute viele Betroffene auch nach längerem Krankheitsverlauf noch in das Berufsleben eingebunden und auch in ihrem Privatleben relativ uneingeschränkt. In sehr seltenen Fällen ist der Verlauf der Krankheit sogar gutartig, was heißt, dass nur wenige Schübe und eine geringe Behinderung zu verzeichnen sind.
Therapie der Multiple Sklerose
Liegt eine Multiple Sklerose vor, dann sollte mit der Behandlung so schnell wie möglich begonnen werden. Die Behandlung kann die entzündlichen Prozesse im Körper verringern. Bedenken sollte man aber, dass eine Therapie Multiple Sklerose niemals heilen kann.
Drei Behandlungen werden bei der Therapie der Multiple Sklerose unterschieden.
- Die Schubtherapie – Behandlung während eines akuten Schubs.
- Die Basistherapie – Dauerbehandlung, die den Fortschritt der Erkrankung reduzieren soll.
- Die symptomatische Therapie – Behandlung der oftmals unangenehmen Symptome.
» Die Schubtherapie
Die Erkrankung verläuft in der Regel in Schüben. Die Schubtherapie zielt darauf ab, die Symptome zu bekämpfen, die mit dem Schub auftreten. Die eingesetzten Medikamente zielen in der Regel darauf ab, die Prozesse im Immunsystem zu manipulieren. Ist ein akuter Schub gegeben, können bei schwer ausgeprägten Symptomen Entzündungshemmer verabreicht werden. Nicht selten wird innerhalb der Schubtherapie Cortison eingesetzt, dass dann 3-5 Tage intravenös verabreicht wird. Danach muss das Cortison nach einem schweren Schub noch für etwa 10 Tage in Form von Tabletten eingenommen werden. Mit dieser Therapie reduzieren sich die Entzündungsherde sehr schnell.
» Die Basistherapie
Die Basistherapie dient der dauerhaften Behandlung der Multiple Sklerose, um den Fortschritt der Erkrankung zu reduzieren. Das Ziel der Basistherapie liegt darin, dass weitere Schübe abgeschwächt oder verhindert werden, dass der Fortschritt der Erkrankung verlangsamt wird und dass die Lebensqualität des Betroffenen in höchstmöglichem Maß erhalten bleibt.
In der Basistherapie werden Medikamente verwendet, die das Immunsystem beeinflussen und die damit die Häufigkeit und Dauer der Schübe reduzieren. Ist die Multiple Sklerose diagnostiziert, dann sollte die Basistherapie so früh wie möglich begonnen werden. Nachteilig ist, dass die Medikamente, die in der Basistherapie verwendet werden, nachteilige Auswirkungen wie Müdigkeit und Kopfschmerzen sowie Fieber mit sich bringen.
» Begleitmaßnahmen bei der Multiple Sklerose
Besteht eine Einschränkung in der Beweglichkeit oder sind Koordinationsstörungen gegeben, dann können krankengymnastische Übungen eine Verbesserung der Beweglichkeit bewirken. Auch Einschränkungen der Blasenfunktion, Schwindel, Zittern, Schmerzen oder Störungen in der Sexualität können durch entsprechende Therapien verbessert werden. Hier besteht die Möglichkeit, sowohl mit Medikamenten als auch mit anderen Therapien zu arbeiten.
Klassisch für die Multiple Sklerose ist, dass die Symptome sich bei Hitze verstärken. Sowohl hohe Umgebungstemperaturen im Sommer als auch Fieber oder Körpertemperaturerhöhungen durch körperliche Anstrengung wie Sport, können die Symptome der Multiple Sklerose verstärken. Therapien und Hilfsmittel können hier dazu beitragen, den Körper abzukühlen. Inzwischen ist beispielsweise die Kühlweste erhältlich, die mit Kühlelementen ausgestattet die Körpertemperatur reduziert.
Verlauf der Multiple Sklerose
Die Multiple Sklerose hat typischerweise einen dauerhaften Verlauf, bei dem sich folgende Formen des Verlaufs zeigen:
1. Chronisch wiederkehrender Verlauf
Der Schub beim chronisch wiederkehrenden Verlauf bewirkt, dass innerhalb kurzer Zeit plötzliche Beschwerden auftreten. Diese Beschwerden halten sich über einige Tage bis hin zu einigen Wochen, bilden sich danach aber meist vollständig wieder zurück. Klassisch hierbei ist, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Restschäden verbleiben, umso höher ist, je länger die Symptome bestehen. Die Schübe treten in Zeitabständen von einem halben bis zu drei Jahren auf. In seltenen Fällen sind die Zeitabstände auch größer.
2. Primär chronisch fortschreitender Verlauf
Der primär chronisch fortschreitende Verlauf zeigt sich darin, dass die Beschwerden und Behinderungen schleichend, dafür aber beständig voranschreiten. In diesem Fall sind akute Schübe nicht zu verzeichnen.
3. Sekundär chronisch fortschreitender Verlauf
Beim sekundär chronisch fortschreitenden Verlauf verringern sich die Schübe, bis letztendlich keine Schübe mehr auftreten. Die Behinderungen, die durch die Multiple Sklerose verursacht werden, schreiten aber beständig voran.
Im Allgemeinen lässt sich der Verlauf der Multiple Sklerose durch eine frühzeitig eingesetzte und individuell angepasste Therapie sehr günstig beeinflussen.
Schwangerschaft und Geburt bei Multiple Sklerose
Sowohl die Schwangerschaft als auch die Geburt haben auf die Multiple Sklerose und ihren Verlauf keine negative Auswirkung. Häufig ist sogar zu verzeichnen, dass die Anzahl der Schübe innerhalb einer Schwangerschaft abnimmt. Nach der Schwangerschaft beziehungsweise nach der Entbindung kann sich die Anzahl der Schübe dann aber wieder leicht erhöhen.
Kinder von Menschen mit dieser Erkrankung haben ein Risiko von 3 Prozent, dass auch sie die Multiple Sklerose entwickeln. Im Umkehrschluss heißt das, dass 97 Prozent der betroffenen Elternteile keine Erkrankung entwickeln.
Kann man Multiple Sklerose vorbeugen?
Weil bisher die Ursachen für die Multiple Sklerose noch nicht umfassend geklärt sind, können auch keine entsprechenden Maßnahmen zur Vorbeugung getroffen werden. Ist die Krankheit allerdings vorhanden, kann der Verlauf sehr günstig beeinflusst werden, denn eine umfassende Behandlung kann die Häufigkeit der Schübe, damit sowohl die Symptome als auch die Folgeschäden deutlich reduzieren.
Betroffene können Risikofaktoren meiden, die einen Schub der Krankheit begünstigen.
- Infektionen, besonders Virusinfektionen, sollten vermieden werden
- Aktive Impfungen und Hyposensibilisierungen sollten Betroffene vermeiden
- Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen, sollten gemieden werden
- Stress sollte verhindert werden
- Schwankungen im Hormonhaushalt sollten reduziert werden, möglicherweise auch medikamentös