Selbst an kleinen Wunden können sie verbluten – Menschen, die an der Bluterkrankheit oder Hämophilie leiden.
Dabei handelt es sich um eine genetisch bedingte Störung der Blutgerinnung, so dass das Blut bei einer Blutung nicht wie bei einem gesunden Menschen gerinnt und diese gestillt wird. Die Wunde schließt sich nicht vollständig oder nicht schnell genug. Die Folge sind ungestillte innere und äußere Blutungen, die im Extremfall tödlich enden können. Der Grund für die Erkrankung liegt darin, dass im Blut der Patienten bestimmte Gerinnungsfaktoren fehlen, also Eiweiße, welche für die Blutgerinnung zuständig sind.
Die Krankheit tritt in verschiedenen Formen auf
Hämophilie ist unheilbar, lässt sich aber heute dank der modernen Medizin so gut behandeln, dass die Betroffenen ein relativ normales Leben führen können. Noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war man dagegen nicht in der Lage, die Krankheit zu behandeln und die Lebenserwartung lag bei etwa 16 Jahren. In Deutschland sind etwa 10.000 Menschen an Hämophilie erkrankt, wobei die Krankheit in unterschiedlichen Formen vorkommen kann. Man unterscheidet dabei verschiedene Schweregrade und die beiden Hauptformen Hämophilie A und Hämophilie B.
Bei einem gesunden Menschen werden für die normal funktionierende Blutgerinnung 13 Gerinnungsfaktoren benötigt. Menschen, die einen Mangel an Faktor VIII haben, leiden unter Hämophilie A, Menschen mit einem Mangel an Faktor IX haben Hämophilie B. In den Zellen der Patienten sind die jeweils für die Faktoren VIII oder IX zuständigen Gene defekt, so dass die Faktoren nicht funktionstüchtig werden.
Ursache ist ein Gendefekt
Die Ursache für die Bluterkrankheit ist eine Mutation auf dem X-Chromosom. Frauen haben zwei X-Chromosomen, so dass der Defekt bei ihnen in der Regel durch das zweite, normale X-Chromosom ausgeglichen werden kann. Männer dagegen besitzen nur ein X-Chromosom, so dass bei einem vorhandenen Defekt keine Ausgleichsmöglichkeit vorhanden ist. Aus diesem Grund sind deutlich mehr Männer als Frauen von der Krankheit betroffen, da bei Frauen beide X-Chromosomen den Defekt besitzen müssen, damit die Krankheit auftritt. Dies kommt jedoch nur sehr selten vor. Zwei Drittel der Hämophilie-Erkrankungen sind erblich bedingt, ein Drittel entsteht durch spontane Mutationen während oder nach der Zeugung im Mutterleib.
Heute ist die Behandlung effektiv und ohne Risiko
Bis in die 1980er Jahre wurden Hämophilie-Patienten mit Gerinnungsfaktor-Konzentraten behandelt, die aus Blutplasma von Spendern hergestellt wurden. Zu diesem Zeitpunkt trat auch AIDS als Erkrankung erstmals in Deutschland auf, und viele Bluter infizierten sich damals mit der Krankheit durch Präparate, die aus verseuchtem Spenderblut gewonnen worden waren. Heute werden vor allem Präparate verwendet, welche biotechnisch im Labor hergestellte Gerinnungsfaktoren enthalten, so dass ausgeschlossen werden kann, sich mit Krankheiten zu infizieren. Die meisten Hämophilie-Patienten leben mit der so genannten vorbeugenden Substitutions-Therapie ein fast normales Leben. Bei dieser Therapie spritzen sich die Erkrankten regelmäßig ein Präparat mit Gerinnungsfaktoren, so dass sie dauerhaft genügend Gerinnungsfaktoren in ihrem Blut besitzen. Zudem erfolgt die Behandlung und Überwachung der Erkrankten in so genannten Hämophilie-Zentren, in denen regelmäßige Blutuntersuchungen vorgenommen werden müssen. So wird sichergestellt, dass die Konzentration der Gerinnungsfaktoren im Blut ausreichend hoch ist und dass mit dem richtigen Präparat behandelt wird.
Die richtige Behandlung ist für die Patienten lebensnotwendig, denn unbehandelte Blutungen, vor allem in Gelenken, Muskeln und Organen können zu schweren Schädigungen und schlimmstenfalls zum Tod führen.