Lipödeme schränken die Betroffenen oftmals stark ein. Mit der passenden Therapie lassen sich die Symptome verbessern.
Seit einigen Jahren hören wir in den Medien immer mal wieder, dass irgendeine mehr oder weniger bekannte Dame unter einem Lipödem leide. Die Reaktion der Öffentlichkeit dazu ist sehr geteilt. Denn noch immer belächeln viele diese Diagnose und sehen in dieser Problematik nur eine Ausrede für Übergewicht.
In der Tat ist es für Außenstehende nicht nachvollziehbar, wie belastend das Lipödem für die Betroffenen ist. Rein optisch erinnert die Fettverteilungsstörung zwar anfangs an Cellulite, aber die Beschwerden gehen über den optischen Makel hinaus und nehmen mit der Zeit immer mehr zu. Umso wichtiger ist es, dass schnellstmöglich eine Diagnose gestellt und das Lipödem behandelt wird.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eigentlich ein Lipödem?
Beim Lipödem handelt es sich um eine chronische Fettverteilungsstörung, die meist die Beine und oft auch die Arme betrifft. Es äußert sich durch eine starke Vermehrung des Unterhautfettgewebes und oft auch durch eine zusätzliche Wassereinlagerung im betroffenen Gewebe.
Betroffen sind in den allermeisten Fällen Frauen. Sie leiden nicht nur unter der optischen Veränderung. Durch die Volumenveränderung im Gewebe entsteht eine enorme Spannung, welche mit Schmerzen und einer ausgeprägten Berührungsempfindlichkeit einhergeht. Im Verlauf der Erkrankung kann das Lipödem zudem das Gangbild beeinträchtigen und damit die Gelenke schädigen.
» Übrigens: Oftmals tritt infolge des Lipödems auch ein Lymphödem auf. Dadurch bilden sich neben den Fetteinlagerungen auch Wassereinlagerungen.
Verschiedene Lipödem-Formen
Mediziner unterscheiden beim Lipödem je nach Lage der Fettansammlung verschiedene Typen:
- Oberschenkeltyp
- Ganzbeintyp
- Unterschenkeltyp
- Oberarmtyp
- Ganzarmtyp
- Unterarmtyp
Je nach Patient können auch Mischtypen auftreten – zum Beispiel Oberschenkel- und Oberarmtyp.
Neben den verschiedenen Typen unterschiedet man das Lipödem in drei Stadien:
Wie wird das Lipödem diagnostiziert?
Auch heute kommt es noch sehr oft vor, dass Ärzte das Lipödem nicht oder erst in einem späten Stadium diagnostizieren. Stattdessen müssen sich Betroffene immer wieder anhören, dass sie sich gesünder ernähren und mehr bewegen sollen. Wichtig ist daher, dass Sie die Symptome richtig deuten und sich dann Rat bei einem Spezialisten suchen. Hierzu zählen neben Dermatologen auch Phlebologen (Venenfachärzte) und Lymphologen (Lymphfachärzte).
In der Regel wird Sie der Arzt als erstes zu Ihrer Krankengeschichte befragen. Dabei geht es zum Beispiel um Ihre Symptome oder Ihre Maßnahmen zur Bekämpfung des Fettgewebes. Und auch Ihre psychische Verfassung kann Gegenstand der Unterhaltung sein. Für eine Diagnosestellung ist es enorm wichtig, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten.
Untersuchung der Haut
Nach dem Gespräch wird der Arzt mit der eigentlichen Untersuchung beginnen. Einen ersten Hinweis auf ein Lipödem stellt eine Vermehrung des Fettgewebes an Armen und Beinen bei ansonsten schlanker Statur dar. Um sicherzustellen, dass hierfür kein Lymphödem ursächlich ist, dient das sogenannte Stemmer-Zeichen: Lässt sich die Haut am Fuß oder der Hand anheben, kann man ein Lymphödem ausschließen. Denn bei diesem Krankheitsbild steht die Haut durch eingelagerte Lymphe derart unter Spannung, dass sie sich nicht anheben lässt.
» Aber Achtung: Es kann zusätzlich zum Lipödem auch ein Lymphödem auftreten. In diesem Fall lässt sich die Haut ebenfalls nicht anheben.
Ein weiteres sicheres Indiz für das Vorliegen eines Lipödems ist die Hautstruktur. Daher wird der Arzt prüfen, ob die Haut in den betroffenen Bereichen gespannt ist und ob im Unterhautfettgewebe knotige Strukturen tastbar sind.
Hinweise auf ein Lipödem
Es gibt einige typische Symptome, an denen Sie und der Arzt ein Lipödem erkennen können:
- symmetrische und relativ schnelle Volumenzunahme an Armen und/oder Beinen, Hände und Füße sowie der Rest des Körpers bleiben davon jedoch verschont
- Spannungsgefühl in den betroffenen Bereichen
- erhöhte Empfindlichkeit, sodass schon ein leichter Druck Schmerzen und einen Bluterguss verursachen kann
- im späteren Verlauf knotige Strukturen im Unterhautfettgewebe, Haut wird immer unebener bis hin zur Bildung von Hautlappen.
» Übrigens: Im Gegensatz zur Adipositas sind die betroffenen Extremitäten im Gegensatz zum Rumpf total unproportioniert.
Wie kann man ein Lipödem behandeln?
Auch wenn das Lipödem anfangs der Cellulite gleicht, so sieht die Behandlung für die beiden Hautveränderungen gänzlich unterschiedlich aus. Denn, was gegen Cellulite hilft, führt beim Lipödem in der Regel nicht zum gewünschten Erfolg. So können Sie beispielsweise mit einer gesunden Ernährung und Sport das Bindegewebe stärken und die Haut straffen, das Lipödem lässt sich damit jedoch nicht beseitigen. Hierzu wäre es notwendig, die Ursachen zu bekämpfen. Da diese bisher allerdings noch unbekannt sind, können nur die Symptome behandelt werden. Hierbei kommt neben der konservativen Behandlung auch ein operativer Eingriff in Frage.
Tipp: Je früher die Behandlung begonnen wird, desto effektiver kann diese schweren Ausprägungen vorbeugen.
Konservative Behandlung des Lipödems
Die konservative Behandlung von Lipödemen beinhaltet zum einen die Kompressionstherapie und zum anderen die Entstauungstherapie.
Kompressionstherapie
Um das Lipödem unter Kontrolle zu bringen, eignet sich Kompressionswäsche hervorragend. Zwar kann sie das Lipödem nicht verringern, aber sie kann einer Verschlimmerung entgegenwirkten. Die enganliegende Spezialkleidung erhöht den Druck im Gewebe und erfüllt verschiedene Funktionen:
- weniger Flüssigkeit gelangt ins Gewebe und lagert sich dort an
- verbesserte Durchblutung und Ableitung der Lymphflüssigkeit
Für eine erfolgreiche Therapie mit der Kompressionswäsche kommt es neben einer lebenslangen Therapie auch auf den perfekten Sitz an. Neben verschiedenen Kompressionsklassen unterscheidet sich die Kompressionswäsche auch in der Verarbeitung. Es wird die Behandlung eines Lipödems mit flachgestrickter Kompressionswäsche empfohlen, da diese weniger elastisch ist und somit mehr Druck ausübt.
» Achtung: Kaufen Sie Ihre Kompressionswäsche immer im Fachhandel. Nur so ist ein perfekter Sitz gewährleistet.
Entstauungstherapie
Während im Anfangsstadium des Lipödems die Kompressionstherapie meist ausreichend ist, sollte dieser bei einem stärker ausgeprägten Lipödem eine manuelle Lymphdrainage vorausgehen. Mit gezielten Handgriffen wird dabei der Abtransport der Lymphflüssigkeit angeregt. Im Anschluss an die Lymphdrainage erfolgt die Kompressionstherapie in Form von Kompressionsverbänden, damit sich das Ödem nicht wieder mit Flüssigkeit füllt.
Zu Beginn der Entstauungstherapie muss die Lymphdrainage ein bis zwei Mal pro Tag erfolgen. Später geht es darum, das Ergebnis der Entstauungstherapie zu festigen. Dann genügen ein bis drei Lymphdrainagen pro Woche.
Tipp: Die Lymphdrainage sollte von einem speziell ausgebildeten Therapeuten durchgeführt werden.
Liposuktion – operative Behandlung des Lipödems
Weitaus effektiver als die konservative Behandlung des Lipödems ist die Liposuktion. Mittels Fettabsaugung kann krankhaftes Unterhautfettgewebe dauerhaft entfernt werden. Zwar ist auch hiermit keine Heilung der Erkrankung möglich, das Ergebnis kommt der Heilung aber schon sehr nahe. So verbessert sich das Beschwerdebild bei vielen Patienten nach der Liposuktion über viele Jahre hinweg. Besonders die Schmerzen und die Neigung zu Blutergüssen sind nach dem Eingriff verringert – ganz abgesehen vom Beinumfang. Hinzu kommt, dass viele Patienten nach dem Eingriff keiner konservativen Therapie mehr bedürfen. Bei anderen hingegen ist noch immer eine konservative Therapie notwendig, wenn auch ein einem geringeren Ausmaß.
Hier haben wir für Sie einen Erfahrungsbericht einer Patientin, die sich einer Liposuktion unterzogen hat:
Wer trägt die Kosten für die Behandlung eines Lipödems?
Lage Zeit war es so, dass die Krankenkassen nur die Kosten für konservative Therapie bei einem Lipödem übernommen haben. Da die Liposuktion nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgeführt war, mussten die Patienten die Kosten für diese äußerst effektive Behandlung in den allermeisten Fällen aus eigener Tasche bezahlen.
Es gibt einen neuen Gesetzesbeschluss, der seit dem 01.01.2020 eine Kostenübernahme für eine Liposuktion durch die Krankenkasse möglich macht. Dafür müssen allerding einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- BMI unter 40 (hier ist erst eine Behandlung der Adipositas notwendig)
- Lipödem Stadium 3 (gesicherte Diagnose)
- vorangegangene konservative Behandlung über 6 Monate blieb ohne Erfolg
- behandelnder Arzt mit Erfahrungen mit der Liposuktion bei Lipödem
Vorerst ist der Beschluss über die Kostenübernahme für die Kosten der Liposuktion bei Lipödem bis zum 31.12.2024 befristet. Bis dahin soll eine Erprobungsstudie Erkenntnisse darüber hervorbringen, wie wirkungsvoll die Liposuktion in allen Stadien des Lipödems ist. Es besteht also noch Hoffnung, dass in absehbarer Zeit auch schon früher eine Liposuktion auf Kosten der Gesetzlichen Krankenkasse möglich ist.