Schätzungen zufolge leiden etwa 70 Prozent aller Erwachsenen an Hämorrhoiden, wobei die Symptome hauptsächlich im Alter von ca. 45 bis 65 Jahren auftreten. Bei Hämorrhoiden handelt es sich um die krankhaft vergrößerten ringförmig angeordneten Gewebepolster (Corpus cavernosum recti) im Inneren des Rektums. Der stark durchblutete Corpus cavernosum recti liegt am Übergang vom Mastdarm zum Afterkanal und unterstützt den Schließmuskel bei der bewussten Kontrolle des Stuhlgangs. Beschwerden zeigen sich gewöhnlich erst dann, wenn einzelne vergrößerte Knoten bei der Darmentleerung vorfallen und im fortgeschrittenen Stadium mit nach außen stülpen.
Die Folgen: nässende und juckende Entzündungen am After, Blutungen sowie Schmerzen beim Sitzen. Die Symptome werden von Medizinern als Hämorrhoidalleiden bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Hämorrhoiden & Ein Tabuthema
Trotz Aufklärung, moderner Behandlungsmethoden und guter Heilungschancen schämen sich die meisten Menschen mit Hämorrhoidalleiden, zum Arzt zu gehen. Neben der Scham spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass man Hämorrhoiden nur als lästige Begleiterscheinung des Toilettengangs abtut und versucht, mit Salben das Problem erst einmal „auszusitzen“.
Warum müssen Hämorrhoiden behandelt werden?
Hämorrhoiden sollten jedoch in jedem Fall ärztlich behandelt werden, denn haben sie sich erst einmal entwickelt, bilden sie sich ab dem 2. Grad von alleine nicht mehr zurück. Kann das Wachstum von Hämorrhoiden im Anfangsstadium des 1. Grades durch Ernährungsumstellung, Sport und vermehrte Flüssigkeitsaufnahme noch aufgehalten werden, sind Operationen im fortgeschrittenen Stadium des 3. Und 4. Grades unvermeidlich. Zudem ähneln die Symptome anderen Krankheiten, die nur durch eine Untersuchung ausgeschlossen werden können. Pro Jahr werden in Deutschland mehr als 3 Millionen Hämorrhoiden-Patienten behandelt, davon etwa 50.000 operiert. Diese offiziellen Fälle weichen jedoch erheblich von der tatsächlichen Erkrankungsrate ab.
Hämorrhoiden – Symptome
Die Symptome und Beschwerden von Hämorrhoiden hängen in erster Linie von ihrem Schweregrad ab. Im Verlauf werden vier Stadien beschrieben. Es gibt jedoch keine typischen Anzeichen, die ausschließlich auf Hämorrhoiden zutreffen. So können Beschwerden wie Blutungen auch auf Darmkrebs oder Analfissuren zurückzuführen sein. Die allgemeinen Symptome von Hämorrhoiden sind vor allem:
- Wiederholte anale Blutungen und anales Nässen
- Chronischer und quälender Juckreiz im Afterbereich
- Analer Gewebeprolaps (Ausstülpungen der Hämorrhoiden)
- Druckgefühl im Rektum
- Stuhlschmieren (Stuhlinkontinenz)
- Schmerzen infolge von Analfissuren ab dem 2. Grad, infolge von Blutgerinnseln im Hämorrhoidalpolster ab dem 4. Grad oder infolge Einklemmung des Gewebes
Hämorrhoiden & Die 4 Stadien der Erkrankung
Nach dem Klassifizierungssystem des britischen Chirurgen John Cedric Goligher (1912 – 1998) wird die krankhafte Vergrößerung der Hämorrhoiden in vier Stadien oder Grade eingeteilt:
- 1. Grad:
Die leicht vorgewölbten Hämorrhoiden im Inneren des Rektums sind nicht sichtbar und verursachen keine Beschwerden. Üblich sind hellrote Blutungen, die auf ihren arteriellen Ursprung zurückzuführen sind. Da das Blut von Analfissuren ebenfalls hellrot ist, kommt es in der Selbstdiagnose oftmals zu Verwechslungen. Dunkelrotes Blut weist auf eine ernsthaftere Erkrankung hin, weshalb man sofort einen Arzt konsultieren sollte. Nach neuesten Erkenntnissen aus dem Jahr 2012 ist es bei Hämorrhoiden 1. Grades möglich, dass sie nie zu einem Hämorrhoidalleiden führen. Daher versprechen die Behandlungen sehr gute Erfolgschancen.
- 2. Grad:
Beim Pressen fallen die Hämorrhoiden weiter vor, ziehen sich jedoch von alleine wieder in ihre ursprüngliche Position. In diesem Stadium bilden sich die Knoten nicht mehr zurück. Die Feinkontinenz ist gestört, was zu einem erhöhten Austritt von Sekreten führt. Diese irritieren die Haut, es bilden sich Analekzeme, die letztendlich für den Juckreiz verantwortlich sind. Weitere Beschwerden sind Schmerzen infolge von Analfissuren.
- 3. Grad:
Beim Pressen können mehrere Knoten vorfallen, die sich nicht mehr von alleine zurückziehen, sich jedoch wieder in den Darm hineinschieben lassen. Tropfende oder spritzende Blutungen sind in diesem Stadium häufig.
- 4. Grad:
Die stark vergrößerten Hämorrhoiden sind dauerhaft vorgefallen. Ein Zurückschieben der Knoten ist nicht mehr möglich. Begleitet wird der Zustand von Schmerzen, Blutungen und einem Druckgefühl im Rektum. Oft ist eine komplette Darmentleerung nicht möglich, was zu Stuhlschmieren (Stuhlinkontinenz, Unfähigkeit, den Kot im Enddarm zu behalten) führt. Die chronisch vorgefallenen Hämorrhoidalknoten können durch den Schließmuskel so stark eingeklemmt werden, dass die Blutversorgung unterbrochen wird. Dies führt zur Bildung von Entzündungen und Geschwüren. Blutgerinnsel verursachen zum Teil starke Schmerzen. Schließlich kann der chronische Vorfall das Ausstülpen der Analwand zur Folge haben.
Hämorrhoiden – Ursachen und Risikofaktoren
Obwohl Hämorrhoiden und Hämorrhoidalleiden sowie deren Behandlungen bereits den alten Ägyptern bekannt waren, sind die Ursachen noch nicht abschließend geklärt. Generell sind Hämorrhoiden das Ergebnis eines Blutrückstaus in den Gefäßen des ringförmigen Corpus cavernosum recti. Verstärkt wird dieser Zustand durch starkes und langes Pressen beim Toilettengang, durch chronische Verstopfungen und chronische Durchfälle.
Eine Reihe unterschiedlicher Studien ergab folgende hauptsächlichen Risikofaktoren:
- Sitzende Tätigkeiten
- Bewegungsmangel
- Ballaststoffarme Ernährung
- Scharfes Essen
- Alkoholkonsum
- Zu wenig Flüssigkeitsaufnahme
- Erblich bedingte Bindegewebsschwäche
- Übergewicht
- Höheres Alter
- Schwangerschaft (wird kontrovers diskutiert)
Diagnose Hämorrhoiden
Von der Selbstdiagnose wird in allen Stadien der Hämorrhoiden abgeraten, weil alle Symptome auf weitaus gefährlichere Krankheiten hinweisen können. Da sich Proktologen auf sämtliche Darmkrankheiten und die damit zusammenhängenden Symptome und Behandlungsmethoden spezialisiert haben, wird die Untersuchung idealerweise von diesen Fachärzten durchgeführt. Bei Schilderung der Symptome wird der Hausarzt die Überweisung in eine proktologische Praxis vornehmen.
Die Erstuntersuchung erfolgt zunächst durch visuelle Inspektion, wobei die sichtbaren Hämorrhoiden 4. Grades sofort diagnostiziert werden können. Für die Diagnose von Hämorrhoiden 2. und 3. Grades werden die Patienten zum Pressen aufgefordert, da auf diese Weise die vorgefallenen Hämorrhoiden besser erkannt werden.
Hämorrhoiden 1. Grades werden mit einem Proktoskop diagnostiziert.
Behandlung von Hämorrhoiden
Sämtliche Behandlungsmaßnahmen haben das Ziel, die Beschwerden zu beseitigen, den Analkanal wiederherzustellen sowie die Darmentleerung zu normalisieren. Ein komplettes Entfernen des hämorrhoidalen Gewebes wird nicht angestrebt, da dies zur dauerhaften Stuhlinkontinenz führen würde.
Operationen sind in den wenigsten Fällen notwendig, denn 95 Prozent aller Hämorrhoidalleiden können nach konservativen Methoden wie Ernährungsumstellung, Darmregulierung, Sklerosierung (Verödung) und Gummiligatur behandelt werden.
Hämorrhoiden 1. Grades werden konservativ behandelt. Liegt eine begleitende Verstopfung vor, empfiehlt der Arzt eine ballaststoffreiche Ernährung. Üblich ist die Sklerosierung des Gewebes mittels Injektion entsprechender Medikamente.
Hämorrhoiden 2. Grades werden durch die Methode der Gummiringligatur entfernt. Dabei werden die vergrößerten Hämorrhoiden mit kleinen Gummiringen abgeschnürt. Seit einigen Jahren nehmen spezialisierte Zentren die ultraschallgesteuerte Hämorrhoiden-Arterien-Ligatur (DGHAL) vor. Mit dieser schonenderen Methode werden die Blut zuführenden Arterien ebenfalls unterbunden.
Hämorrhoiden 3. Grades müssen operativ behandelt werden. Je nach Fall und angewandtem Verfahren dauert eine Hämorrhoidektomie etwa 10 bis 30 Minuten. Die seit 1998 in Deutschland angewandte Stapler-Hämorrhoidopexie ist für den Patienten schonender, da im unteren Enddarm keine Wunde entsteht. Die postoperativen Schmerzen sind geringer und der Aufenthalt im Krankenhaus kürzer.
Hämorrhoiden 4. Grades erfordern aufwändigere Operationen von etwa 30 bis 60 Minuten, in deren Folge das hämorrhoidale Gewebe durch Gewebeverschiebung entfernt und der Analkanal wiederhergestellt wird. Da die Komplikationsrate nach den Operationen etwa 20 Prozent beträgt, müssen Vor- und Nachteile sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Neben starken Blutungen können sich nach einer Operation Abszesse, Fisteln und Stenosen (verengte Blutgefäße) bilden. Außerdem besteht die Gefahr einer Afterenge und/oder Stuhlinkontinenz.
Hämorrhoiden Selbstbehandlung und Vorbeugung
» Hämorrhoiden selbst behandeln
Zur Selbstbehandlung akuter Beschwerden und Entzündungen eignen sich Hämorrhoiden-Salbe, Hämorrhoiden-Zäpfchen, Analtampons oder Sitzbäder. Nach Abklingen der Schmerzen sollten Betroffene zwecks Diagnose und Abklärung weiterer Behandlungsmethoden sofort einen Arzt konsultieren. Generell ist auf eine penible Hygiene zu achten. Statt Toilettenpapier sind Spülungen mit warmem Wasser vorziehen. Wichtig: beim Toilettengang niemals pressen.
» Hämorrhoiden vorbeugen
Hämorrhoiden bilden sich oft über Jahrzehnte. Zur Vorbeugung tragen daher eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung, mindestens zwei Liter Mineralwasser oder ungesüßter Tee am Tag, viel Bewegung und Ausgleichssport bei.
Hämorrhoiden – Betroffene berichten