Homosexualität – ein Thema, das viele Menschen auch heute noch sehr skeptisch betrachten. Mangelnde Information führt zu Vorurteilen, die sich allerdings in neuen Studien nicht belegen lassen Wer informiert ist, kann mit der Homosexualität sowohl bei sich selbst als auch in seinem sozialen Umfeld viel besser umgehen. Gerade Eltern machen sich oft Vorwürfe und belasten sich mit Vorurteilen über die Homosexualität ihrer Kinder. Falsche Erziehung oder falscher Umgang? Oder liegen die Hintergründe für die Homosexualität der eigenen Kinder doch in den Genen der Familie?
Inhaltsverzeichnis
- 1 Die Geschichte der Homosexualität
- 2 Vorurteile gegen Homosexualität
- 3 Unterschiede zwischen homosexuellen Frauen und Männern
- 4 Bisexuelle Neigungen sind keine Seltenheit
- 5 Klischees gegenüber Homosexuellen
- 6 Mut zum Coming Out
- 7 Irrtümer und Ansichten zur Homosexualität
- 8 Liegt Homosexualität in den Genen?
- 9 Schwule und Lesben lehnen Ursachenforschung ab
- 10 Zusammenhang zwischen Aids und Schwulsein
Die Geschichte der Homosexualität
Schon das alte Rom als auch das alte Griechenland kannten die Homosexualität. Dort war diese sexuelle Ausrichtung auch lange Zeit problemlos akzeptiert. Erst das Christentum ächtete die Homosexualität und verschaffte den Schwulen und Lesben Probleme. Bis heute gilt die Homosexualität im Christentum als Sünde.
Innerhalb der französischen Revolution war Homosexualität als Krankheit angesehen, deren Heilung angestrebt werden sollte. In Preußen stand auf die Homosexualität bzw. das Ausleben dieser Ausrichtung sogar die Todesstrafe. Die Strafe wurde im Nachhinein reduziert und so stand letztlich in Preußen nur noch die Haftstrafe für die Ausübung von homosexuellen Praktiken als Strafe zur Verfügung. Auch unter Hitler im Dritten Reich wurde die Homosexualität noch bestraft. Eine Lockerung gab es in Deutschland im Jahr 1969. In diesem Jahr wurde die Bestrafung der Homosexualität nur noch bei Männern unter 21 Jahren vorgenommen. Erst im Jahr 1994 wurde dieses Gesetzt komplett gestrichen.
Während in den meisten europäischen Ländern die eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaft heute möglich ist, verbietet dies das österreichische Gesetz bis heute. Im Jahr 2008 wurde ein Antrag auf Akzeptanz der gleichgeschlechtlichen eingetragenen Partnerschaften eingereicht, der aber keinen Beschluss zur Folge hatte.
Vorurteile gegen Homosexualität
Auch wenn die Toleranz für Homosexuelle sich im Laufe der letzten Jahre in Deutschland erhöht hat, bestehen noch immer viele Vorurteile gegen die sexuelle Neigung zum eigenen Geschlecht. Nicht selten stammen die Hintergrundinformationen, die zu den Vorurteilen und Irrtümern führen, aus Zeiten, in denen die Homosexualität als Krankheit galt, die es zu heilen gilt und als die Homosexualität noch verboten war. Auch in Deutschland ist der Umgang mit der Homosexualität nur langsam lockerer geworden und alte Gesetze zum Thema Homosexualität und deren Strafbarkeit wurden erst in jüngster Vergangenheit aufgehoben.
Fakt ist, dass die Homosexualität in jüngster Vergangenheit nicht häufiger geworden ist, wie oftmals behauptet wird. Viel eher “orten” sich heute mehr Menschen im Hinblick auf ihre Neigungen – was wiederum in vergangenen Zeiten nicht möglich war. Immer mehr Menschen bekennen sich zu dieser Neigung, die längst nicht so selten ist, wie man annehmen könnte. Auch in der Geschichte hat es bereits die Homosexualität gegeben. Allerdings wurde damals noch die Freundschaft als Bindeglied zwischen den Partnern als offizielle Bezeichnung vorgeschoben. Männer durften sich als Freunde küssen und sogar in einem Bett miteinander schlafen.
Unterschiede zwischen homosexuellen Frauen und Männern
Während für Frauen die Homosexualität auch in der Vergangenheit leichter zu leben war, hatten Männer immer mehr Probleme damit, ihre Neigung auszuleben, ohne von der Umwelt ausgegrenzt zu werden. Hintergründe hierfür liegen darin, dass Gefühlsbekundungen für Frauen – auch in der Öffentlichkeit – gegenüber dem eigenen Geschlecht noch immer als normaler betrachtet werden als unter Männern.
Dass Männer in der Geschichte größere Probleme mit dem Ausleben ihrer Homosexualität hatten und dass nicht selten diese Neigung bzw. das Ausleben auch unter Strafe gestellt wurde, ist leicht erklärbar. Während eine Frau trotz Homosexueller Neigungen eine Ehe führen und Kinder bekommen kann, wurde bei Männern immer befürchtet, dass sie durch das Ausleben ihrer Neigungen den Fortbestand der Familie gefährden. Fakt ist auch hier, dass es auch heute zahlreiche Männer gibt, die in ihrem Leben zunächst eine Familie gründen, sich dann in fortgeschrittenem Alter zu ihrer Neigung bekennen und ein selbstbestimmtes Leben mit dem gleichgeschlechtlichen Partner führen.
Bisexuelle Neigungen sind keine Seltenheit
Homosexuelle haben häufig mit ihren Outing Probleme, weil sie als Randgruppe betrachtet werden, die nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung ausmacht. Untersuchungen und Umfragen haben ergeben, dass – je nach Region – zwischen einem und zehn Prozent der Menschen homosexuelle Neigungen haben. Dr. Alfed Charles Kinsey geht sogar noch einen Schritt weiter und veröffentlichte Untersuchungsergebnisse, denen gemäß sogar 95 Prozent der Bevölkerung eine mehr oder weniger ausgeprägte bisexuelle Neigung haben. Hier ist allerdings wesentlich die kulturelle Umgebung dafür verantwortlich, wie offen und frei ein Mensch mit seinen sexuellen Ausrichtungen umgeht.
Klischees gegenüber Homosexuellen
Homosexuelle sehen sich immer wieder unterschiedlichen Klischees ausgesetzt. Von der Annahme, dass Homosexualität nicht normal ist, über die Annahme dass Homosexualität eine Krankheit ist, die es zu behandeln gilt, bis hin zur Annahme, dass der Kontakt von Kindern zu Homosexuellen dazu führen kann, dass auch die Kinder ihre Sexualität auf das eigene Geschlecht ausrichten können, reichen die Meinungen. Hierbei handelt es sich allerdings ausschließlich um Vorurteile, die intolerante und schlecht informierte Menschen verbreiten.
Gerade die Tatsache, dass Kinder von Homosexuellen “angesteckt” werden können, ist verbreitete Befürchtung. Fakt ist allerdings, dass Menschen ihre sexuelle Ausrichtung bereits in der Jugend entdecken – und dies hinsichtlich der Entscheidung für die Hetereo- oder die Homosexualität ohne Einfluss aus der Umgebung.
Mut zum Coming Out
Wenn Menschen ihre sexuelle Ausrichtung erkennen und auch annehmen, dann spricht man üblicherweise vom Coming Out. Das Outing, also das äußere Coming Out im Familien- und Freundeskreis, sowie sozialem Umfeld erfolgt dann mehr oder weniger zeitversetzt. Nicht selten leben heute Schwule und Lesben auch im 21. Jahrhundert noch versteckt und stehen aus Scham oder Angst vor den Reaktionen der Umwelt nicht zu ihrer Ausrichtung. Angst vor Andersartigkeit und Ausgrenzung sind gerade in ländlichen Regionen noch starke Gründe, das Outing zu vermeiden.
Irrtümer und Ansichten zur Homosexualität
» Homosexuelle erkennt man an ihrem Verhalten
Kommt das Thema heute auf den Begriff Homosexualität, so haben die meisten Menschen eine Person vor Augen, die sich typisch bewegt und auch ihre Sprache und Kleidung auf die Homosexualität ausgerichtet hat. Für Männer besteht hier das Klischee, das sie sich typisch weiblich geben, bei Frauen wird umgekehrt herbes Auftreten als typisch betrachtet. Auch wenn dies sicherlich der Fall sein kann, so sind auch unter den Heterosexuellen atypische Charaktere zu finden, die sich nicht typisch männlich oder weiblich verhalten.
» Aids gibt es nur durch Schwule
In den 1980er Jahren kamen vermehrt Aidsfälle ans Tageslicht, in denen Homosexuelle von dieser tödlichen Krankheit betroffen waren. Heute hat sich hier aber eine starke Verschiebung ergeben und der Anteil an neuinfizierten Heterosexuellen ist im Vergleich zu den neuinfizierten Homosexuellen stark angestiegen. Der Grund, dass in den 1980er Jahren vermehrt Schwule von der Krankheit betroffen waren, lag nach Expertenmeinung darin, dass die Homosexualität in dieser Zeit noch längst nicht gesellschaftlich toleriert war. Traf man auf einen gleichgesinnten Partner, wurde oftmals nur der Trieb befriedigt – und das mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern.
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» Homosexuelle haben keine langen Beziehungen
Auch dieses Klischee stammt aus der Zeit, als die Homosexualität gesellschaftlich noch nicht toleriert war – oftmals sogar unter Strafe stand. Die Sexualpartner wechselten in dieser Zeit häufiger, da ein Zusammenleben oder eine Partnerschaft mit einem einzigen Partner schlichtweg nicht praktikabel war. Heute ist durch das Internet die Möglichkeit der Kontaktaufnahme gestiegen und durch die Toleranz der Homosexualität bis hin zur Möglichkeit der eingetragenen Lebenspartnerschaft bieten sich viele Möglichkeiten, einen langfristigen Partner zu finden. Ebenso wie heterosexuelle Paare pflegen auch Homosexuelle heute langjährige Beziehungen, die oftmals auch jahrzehntelangen Bestand haben.
» Homosexuelle haben schlechtere Berufschancen
Gerade Eltern befürchten für ihre homosexuellen Kinder oftmals, dass diese sich in der Berufswelt aufgrund ihrer sexuellen Ausrichtung schwerer tun und weniger Erfolge haben. Fakt ist allerdings, dass Homosexuelle nach einer objektiv durchgeführten Studie sogar im Schnitt über höhere Einkünfte verfügen als Heterosexuelle. Dass die Homosexualität die Karriere hemmt, ist also auch ein Klischee, mit dem endlich aufgeräumt werden sollte.
» Homosexuelle Paare sind auf Analverkehr fixiert
Ebenso wie bei Heterosexuellen ist auch bei Homosexuellen die Sexualität sehr vielschichtig. Zudem gibt es heute auch immer mehr heterosexuelle Paare, die den Anaverkehr schätzen. Außerdem ist das Zusammenleben bei Homosexuellen – wie auch bei heterosexuellen Paaren – nicht ausschließlich auf die Sexualität ausgerichtet – was auch immer wieder eine Denkweise fehlinformierter Menschen ist.
» Schwule tragen nichts zur Gesellschaft bei
Eines der sehr beliebten Argumente gegen die Homosexualität liegt darin, zu behaupten, dass gerade Schwule nichts für die Gesellschaft tun, weil sie keine Kinder zeugen und daher den Soziastaat nur nutzen, ohne etwas beizutragen. Dieses Argument ist aus zwei Gründen strittig. Zum einen kann diese Argumentation auch auf Singles und kinderlose heterosexuelle Paare umgelegt werden, zum anderen tragen Schwule nach statistischen Erhebungen durch ihr durchschnittlich höheres Einkommen mehr zum bundesdeutschen Steuervolumen bei.
» Homosexuelle Klischees die zutreffen
Dass homosexuelle Männer vermehrt an Mode und Lifestyle sowie auch dem Körper und dessen Pflege interessiert sind, ist ein Klischee, das in der Realität auch zutrifft. Gerade in Berufen, die sich um Mode und Schönheit drehen, sind häufiger homosexuelle Männer anzutreffen als in anderen Berufen. Die Ursachen hierfür können in dem oftmals extrem ausgelebten Körperkult der homosexuellen Männer liegen. Experten sehen die Gründe hier darin, dass es eben trotz steigender Zahlen von Outings noch immer schwieriger ist, einen gleichgeschlechtlichen als einen andersgeschlechtlichen Partner zu finden. Das Angebot an homosexuellen Partnern ist schlichtweg geringer als bei Heteros. Folglich müssen sich gerade Homosexuelle für das eigene Geschlecht durch optische Attraktivität interessant machen. Allerdings hat dieses Klischee keinen negativen Charakter, denn Körperbewusstsein, Körperpflege und Modebewusstsein sind keine negativen Eigenschaften.
Liegt Homosexualität in den Genen?
Im Jahr 1869 wurde von einem Journalisten namens Karl-Maria Kerbeny die These veröffentlicht, dass Homosexualität eine genetische Voraussetzung hat, dass sie also angeboren ist. Innerhalb dieser Recherchen wurde die Heterosexualität mit der Homosexualität gegenübergestellt. Im Jahr 2006 wurde diese Gegenüberstellung noch einmal durchleuchtet und mit Ergebnissen anderer Arbeiten auf diesem Themengebiet verglichen. Das Resultat der Überarbeitung war, dass die genetischen Voraussetzungen für eine Homosexualität nicht der Auslöser für die sexuelle Ausrichtung sind. Eindeutige biologische Ursachen für die Homosexualität gibt es also nicht. In diesem Zusammenhang wurde auch erforscht, dass auch allein die Erziehung eines Kindes keine Auswirkungen auf seine sexuelle Ausrichtung hat.
Eine Studie, die in der Schweiz durchgeführt wurde und an der Zwillingspaare teilnahmen, hat ergeben, dass Homosexualität weder in der Erziehung noch in den Genen begründet ist. Insgesamt beteiligten sich rund 8.000 Zwillinge an der Studie. Ergeben hat sich, dass der Unterschied zwischen Heterosexuellen und Homosexuellen nur zu 35 Prozent in den Genen zu suchen ist. Bei homosexuellen Frauen ist die genetische Beteiligung sogar nur zu 18 Prozent zu verzeichnen.
Da Genetik und Erziehung nur geringe Anteile an der Homosexualität haben, geht man inzwischen davon aus, dass viele Einflüsse für eine Tendenz zur Homosexualität aus individuellen Erlebnissen stammen. Die Gründe, warum ein Mensch homosexuell wird, sind also sehr vielschichtig und komplex.
Schwule und Lesben lehnen Ursachenforschung ab
Zahlreiche homosexuelle Menschen bemängeln eine Ursachenforschung, die sich mit der Entstehung der Homosexualität beschäftigt. Das hat auch gute und nachvollziehbare Gründe. Eine Ursachenforschung führt zu der Befürchtung, dass die Homosexualität als eine Laune der Natur degradiert wird und dass der nächste Schritt darin liegt, diesen Fehler auszumerzen oder – wie in der Vergangenheit bereits versucht – auszuheilen.
» Homosexualität ist keine Krankheit
Gesichert und bewiesen ist nur, dass die Homosexualität keine Krankheit ist, dass es sich um keine Störung handelt und dass auch keine Fehlentwicklung vorliegt, wenn ein Mensch sich für das eigene Geschlecht entscheidet. Bei der Homosexualität handelt es sich um eine der zahlreichen Entwicklungsmöglichkeiten eines Menschen. Homosexuelle Menschen hat es – unabhängig von Bestrafungen, Ächtungen und Verboten – zu allen Zeiten, in allen Gesellschaften und auch in allen Ländern und Gesellschaftsschichten gegeben.
Zusammenhang zwischen Aids und Schwulsein
Auch wenn es lange Zeit verbreitete Meinung war, dass Aids und Schwule untrennbar miteinander verbunden sind, findet hier auch langsam ein Umdenken statt. Die als Schwulenkrankheit klassifizierte Erkrankung Aids hat in neuen Forschungen zu besseren Erkenntnissen verholfen. Nicht nur Homosexuelle – insbesondere Schwule – sind von Aids betroffen, sondern auch Heterosexuelle, und dies quer durch alle Gesellschaftsschichten.
Da es eine Tatsache ist, dass die HIV-Viren durch Analverkehr schneller übertragen werden als auch den Vaginalverkehr, hat sich im Umkehrschluss die Meinung festgesetzt, dass diese Krankheit eine klassische Schwulenkrankheit ist. Da aufgrund dieser sexuellen Praktiken die Zahl der von Aids und HIV-Infektion betroffenen Homosexuellen in den Anfängen der Krankheit deutlich höher war als bei den Heterosexuellen, hat sich die Meinung fixiert, dass diese Krankheit nur Schwule betrifft. Inzwischen ist bekannt, dass nur die Nutzung eines Kondoms – sowohl zwischen gleichgeschlechtlichen Sexpartner aus auch bei Heterosexuellen eine Infektion verhindern kann.