Parfum, Deo, Shampoo, Seife, Putzmittel aller Art: Was von den meisten Menschen täglich benutzt wird, löst bei MCS-Patienten starke Kopfschmerzen, Schwindel, Ausschlag, geschwollene Augen, Kreislaufbeschwerden und weitere Symptome aus – und das schon bei geringster Dosierung.
MCS (Multiple Chemical Sensitivity) ist die Bezeichnung für vielfache Chemikalienunverträglichkeit, an der nach Schätzungen in Deutschland etwa 1 Million Menschen leiden. Die Patienten reagieren mit starken Unverträglichkeiten auf flüchtige und flüssige Chemikalien, Duftstoffe, Abgase, Lösemittel, Zigarettenrauch aber auch auf Metalle und Legierungen. Die Art der Unverträglichkeiten variiert dabei von Patient zu Patient, sodass bis heute ein eindeutiges, sich von ähnlichen Krankheiten (Riechstörungen, Allergien, Chronisches-Müdigkeits-Syndrom, Elektrosensibilität) unterscheidendes Krankheitsbild nicht exakt definiert werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Seit 1999 spricht man von MCS, wenn diese Kriterien vorliegen:
- Die Symptome treten immer dann auf, wenn der Patient den auslösenden Chemikalien ausgesetzt wird.
- Der Zustand ist chronisch.
- Die Symptome werden durch niedrig dosierte Substanzen ausgelöst, die von anderen Personen im Allgemeinen toleriert werden bzw. vor Beginn der Erkrankung toleriert wurden.
- Die Symptome bessern sich oder vergehen ganz, wenn die Auslöser gemieden bzw. entfernt werden.
- Die Auslösung der Symptome erfolgt durch verschiedene chemisch miteinander nicht verwandte Stoffe.
- Mehrere Organe oder Organsysteme sind von Symptomen betroffen.
- Die Beschwerden sind nicht auf andere Krankheiten zurückzuführen.
Soziale Folgen der MCS
Oft wissen Patienten nicht einmal, dass sie unter MCS leiden, da vielen Ärzten die Diagnosemöglichkeiten fehlen. Zudem fühlen sich Betroffene mit ihren vielfältigen Beschwerden von Verwandten, Kollegen und Ärzten nicht ernstgenommen. Zu den quälenden Symptomen kommt der Umstand hinzu, dass MCS-Patienten irgendwann sämtliche sozialen Kontakte abbrechen müssen, da durch die flächendeckend verbreitenden Duftstoffe praktisch jeder Mensch die Unverträglichkeitsreaktionen auslösen kann. Eine normale Arbeit ist für Betroffene nicht mehr möglich, die soziale Isolierung und der komplette Rückzug in die eigenen Vier-Wände sind vorprogrammiert. Dass dies dauerhaft auch noch zu psychischen Erkrankungen und Depressionen führen kann, liegt auf der Hand.
MCS – nach geltendem Recht als Behinderung anerkannt
Seit 1997 kann in Deutschland eine Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht festgestellt werden. Eine diesbezüglich im Jahr 2008 durch den „Ärztlichen Sachverständigenrat Versorgungsmedizin“ ausgesprochene und anzuwendende Empfehlung ist mit Zustimmung des Bundesrates am 1.3.2010 als für die Gerichte verbindliches Recht inkraft getreten.
Betroffene mit den beschriebenen Symptomen sollten sich daher so schnell wie möglich von einem empfohlenen Facharzt untersuchen lassen. Nähere Details und weiterführende Links führt unter anderem die Seite der DGMCS (Deutsche Gesellschaft Multiple-Chemical-Sensitivity e.V.) auf (www.dgmcs.de). Die Gesellschaft wurde mit dem Ziel gegründet, die Qualität der ärztlichen Versorgung im Bereich der Umweltmedizin zu verbessern.
Symptome bei MCS
Charakteristisch für MCS ist, dass viele Symptome häufig gleichzeitig auftreten, wobei nicht jeder Patient mit den gleichen Beschwerden auf gleiche Auslöser reagiert. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Extreme Geruchsempfindlichkeit
- Atemwegsprobleme
- Augenschwellungen und Augenbrennen
- Knochen- und Gelenkschmerzen
- Körpergeruch
- Infektionsanfälligkeit
- Übelkeit
- Kopfschmerzen
- Schwindel
- Schwitzen
- Diffuse Schmerzen
- Erschöpfung, Müdigkeit
- Konzentrationsstörungen und Verlust der Merkfähigkeit
- Magen-Darm-Beschwerden
- Haut- und Schleimhautbeschwerden
- Kreislaufstörungen bis hin zum anaphylaktischen Schock
- Persönlichkeitsveränderungen
Im Laufe der Erkrankung nehmen die Symptome und die Anzahl der auslösenden Chemikalien zu.
Ursachen von MCS
Aus welchem Grund geringste Mengen chemikalischer Substanzen die vergleichsweise starken Beschwerden auslösen, konnte bislang noch nicht eindeutig geklärt werden. Allgemein gehen Mediziner davon aus, dass es sich bei MCS um eine multifaktorielle Störung handelt, die in mehreren Stufen abläuft.
So treten etwa bei einem bis dahin gesunden Menschen nach einer anfänglich starken Belastung durch eine oder mehrere Chemikalien typische Erscheinungen einer Vergiftung auf. Mit der Zeit genügen immer geringere Dosen, um die gleichen Symptome hervorzurufen und die Krankheit wird chronisch. Verstärkt wird dies durch zusätzliche psychosoziale Stressoren. Oft leiden MCS-Patienten an anderen Krankheiten wie multiplen Allergien oder Asthma.
MCS kann entstehen, wenn Menschen lange Zeit bestimmten Chemikalien am Arbeitsplatz ausgesetzt sind.
Generell werden als Ursache auch
- genetische Faktoren,
- Fehlfunktionen von Nerven- und Immunsystem,
- hormonelle Störungen,
- vorangegangene Atemwegserkrankungen,
diskutiert.
Diagnose von MCS
Die Diagnose MCS erfolgt über die so genannte Ausschlussdiagnostik. Krankheiten mit ähnlicher Symptomatik wie Allergien, das Sick-Building-Syndrom (Symptome treten in mit Schadstoffen belasteten Gebäuden auf), Chronisches-Müdigkeits-Syndrom, Elektrosensibilität oder „normale“ akute Vergiftungen werden dabei zunächst ausgeschlossen. Als Leitsymptomatik für die Diagnose MCS gelten unmittelbare Reaktionen nach Einwirkung niedrig dosierter, eingeatmeter Trigger (auslösende Substanzen).
Zudem werden zur Diagnose die bereits erwähnten Kriterien herangezogen:
Symptome treten nur dann auf, wenn die Patienten den auslösenden Substanzen ausgesetzt sind (Chronischer Zustand.
Symptome vergehen, wenn die Auslöser gemieden bzw. entfernt werden, usw.
Behandlung und Prävention bei MCS
Gegen MCS gibt es keine Medikamente. Die Behandlungen konzentrieren sich hauptsächlich auf unterstützende psychologische Therapien. MCS-Patienten sind dabei auf das Verständnis der Therapeuten angewiesen und empfinden solche Behandlungsmethoden als wirksam, welche die Vermittlung geeigneter Bewältigungsstrategien zum Ziel haben. Als kontraproduktiv wird die Verschreibung von Psychopharmaka angesehen.
Weiterhin stehen eine gesunde und schadstofffreie Ernährung sowie die Vermeidung schädigender Umwelteinflüsse im Vordergrund. Von besonderer Wichtigkeit sind das Verständnis und die aktive Unterstützung durch Verwandte, Freunde und Bekannte.