Besonders leistungsorientierte Menschen mit großem Verantwortungsbewusstsein trifft es mitunter wie aus heiterem Himmel: Plötzlich kommt man morgens nicht mehr aus dem Bett, ist ständig müde, erschöpft und unmotiviert. Wer sich dann in seinem Job nicht mehr richtig konzentrieren kann sowie unter Schlafstörungen oder sogar Zukunftsängsten leidet, sollte sich in ärztliche Behandlung begeben, denn dies sind die typischen Anzeichen einer Depression, die unter Dauerstress entsteht.
Die moderne Leistungsgesellschaft verlangt mit ihrer beschleunigten Arbeitswelt viel von uns ab. Immer mehr muss in immer kürzeren Zeiteinheiten bearbeitet werden. Die Globalisierung fordert Kommunikation in Echtzeit. Wir sind jederzeit per Handy und per Mail erreichbar. Dieser permanente Leistungsdruck mag für viele eine spannende Herausforderung sein. Für die anderen bedeutet dieser Zustand gefährlicher Dauerstress – Vorbote einer ernsthaften Depression.
Stress & Burnout & Depression: Die Grenzen sind fließend
Aktuellen Studien zufolge fühlen sich 40% der Deutschen von ihrer Arbeit dauerhaft überfordert. Vom Konkurrenzdruck und vom Ehrgeiz getrieben, neigen gerade Perfektionisten zu Depressionen. „Perfekte Menschen setzen sich ein Ziel und in dem Moment, wo sie es erreicht haben, setzen Sie ihr Ziel höher. Sie versuchen, dem Ziel hinterherzueilen und schaffen es nicht. Aus der Diskrepanz zwischen diesem Ist- und Sollwert heraus werden diese Menschen depressiv.“, so der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Prof. Dr. Borwin Bandelow von der Universität Göttingen.
Wer unter einer von einem guten Facharzt diagnostizierten Depression leide, hätte bei entsprechend qualifizierter Behandlung gute Heilungschancen, führt der Professor aus, doch müsse die Krankheit bei jedem Einzelnen als solche tatsächlich erkannt werden.
Durch Dauerstress verursachte Depressionen sind weit verbreitet und finden sich in jeder Branche. Ob Krankenpfleger oder Sachbearbeiter, ob Ärzte oder Manager, Sportler oder Künstler – die Krankheit kann jeden treffen. Die Grenzen zwischen einer vorübergehenden Überlastung, depressiver Verstimmung, Stress, Burnout und einer handfesten Depression sind allerdings fließend. Mittlerweile ist ein Burnout gesellschaftlich sogar anerkannt, denn wer ausgebrannt ist, hat sich für den Job aufgerieben und Leistung gezeigt. Deswegen begeben sich heutzutage auch mehr Menschen in ärztliche Behandlung, wenn sich die ersten alarmierenden Anzeichen von chronischer Müdigkeit zeigen. 20% der Patienten sind dabei einfach „nur“ gestresst und müssen lediglich ein paar Tage ausspannen, um sich wieder fit zu fühlen. Bei immer mehr Menschen wird jedoch eine schwere Depression diagnostiziert.
Diagnose einer Depression nach WHO
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO – World Health Organization) gibt in regelmäßigen Abständen die aktuellen ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) heraus. Dieses medizinische Verschlüsselungssystem wird von Ärzten weltweit zur Diagnose von Krankheiten herangezogen. Gemäß dem international gültigen Diagnoseklassifikations- und Verschlüsselungssystem ICD-10 liegt bei Patienten eine Depression vor, wenn sich folgende Symptome zeigen:
Der Patient leidet seit mindestens zwei Wochen unter mindestens zwei der drei Hauptsymptome
- Depressive Stimmung
- Erhöhte Ermüdbarkeit
- Verlust von Interesse oder Freude
Gleichzeitig wird eine Depression noch von weiteren Anzeichen begleitet. Dabei müssen mindestens zwei der folgenden Symptome vorliegen:
- Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Verminderter Appetit
- Schlafstörungen
- Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
- Suizidgedanken oder –handlungen, Selbstverletzungen
- Zukunftsängste
Ursachen für Depression durch Dauerstress
Die Ursachen einer Depression sind biochemischer Natur. Bestimmte physiologische Hirnprozesse und Stoffwechselprozesse funktionieren nicht mehr so wie bisher. So erklärt es sich, warum Depressionen zum einen genetisch bedingt sind, zum anderen aber auch jeden Menschen befallen können.
Unter chronischem Stress verändern sich Teile des Gehirns. Während die Neuronen (Nervenzellen) im Hippocampus (Lernen) und präfrontalen Kortex (planendes Denken) verkümmern, nehmen sie in der Amygdala (Verarbeitung von Ängsten) zu. Bei gesunden Menschen werden im Hippocampus und im präfrontalen Kortex ständig neue Nervenzellen gebildet – Grundvoraussetzung, um neue Eindrücke verarbeiten zu können. Bleibt unter chronischem Stress die Regeneration aus, führt dies zu erheblichen Konzentrationsstörungen und Gedächtnislücken. Das Gehirn stumpft ab. Die gleichzeitige Vergrößerung der Amygdala bewirkt eine Zunahme der Ängste.
Depression Therapie & Medikamente, Sport und Meditation
Dieser Prozess kann rückgängig gemacht werden. Medikamente, regelmäßige und ausreichende Bewegung sowie Meditation tragen dazu bei, dass die Neubildung der Nervenzellen in den betroffenen Hirnregionen wieder aktiviert wird.
Nach neuesten Studien wirkt sich dreimal Sport pro Woche für jeweils 30 Minuten sogar ähnlich günstig auf das Wachstum des Hippocampus aus wie die bislang eingesetzten Antidepressiva.
Von entscheidender Bedeutung ist es, einen erfahrenen Facharzt, Neurologen oder Psychiater ausfindig zu machen, der die saubere Diagnose stellt. Dies ist Voraussetzung für eine effektive Therapie.