Bereits jedes dritte Kind im Vorschulalter hat Sprachstörungen. Die Zahlen sind wirklich beängstigend. Dabei ist der Anteil an Jungen sogar größer als der an Mädchen. Die Zahlen gehen aus dem Ärztereport 2012 der Barmer GEK hervor.
Als Sprachstörungen werden am häufigsten Artikulationsstörungen (auch Dyslalie genannt) diagnostiziert. Was aber sind Artikulationsstörungen und wie kann ich meinem Kind helfen?
Inhaltsverzeichnis
Was sind Artikulationsprobleme?
Bei Artikulationsstörungen können Kinder bestimmte Laute nicht richtig aussprechen bzw. sie lassen sie völlig weg. Einzelne Laute werden von den Kindern dabei sogar einfach ausgetauscht. Fremde haben dabei deutliche Schwierigkeiten das Kind zu verstehen.
Besondere Schwierigkeiten liegen bei den Lauten:
- s
- z
- sch
- r
- k
- t
- p
Beispiele
➢ Ich tomm deich (Ich komme gleich.)
➢ Ich de son in den tinderdaten. (Ich gehe schon in den Kindergarten.)
➢ wimmbad (Schwimmbad)
➢ Dabel (Gabel)
➢ Slange (Schlange)
Beim Sprechenlernen ist es noch völlig normal, dass das Kind nicht alle Laute richtig aussprechen kann. Bis zum dritten Lebensjahr brauchen Sie sich noch keine allzu großen Sorgen machen. Aber spätestens mit 4-5 Jahren sollte Ihr Kind ordentlich sprechen können (mit Ausnahme der S-laute).
Sollte das nicht der Fall sein, müssen die Ursachen schnell gefunden werden, damit eine Therapie schnellstmöglich eingeleitet werden kann. Wenn Sie mit der Therapie zu spät beginnen, kann es sein, dass sich die falschen Laute bei Ihrem Kind zu sehr festigen. Das richtige Sprechen ist dann nur noch sehr schwer für die Kinder zu erlernen. Außerdem können Fehler in der Mundmuskulatur dauerhaft Auswirkungen auf Atmung und Stimme haben.
Ursachen für Artikulationsprobleme
In den meisten Fällen sind Artikulationsprobleme auf Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörungen im Bereich Ohren und Augen zurückzuführen (eingeschränkte Seh- und Hörfähigkeit). Auch Störungen bei der Mundmuskulatur können eine Ursache für diese sprachlichen Probleme sein.
Neben der kognitiven Schwächen kann auch die genetische Veranlagung eine wichtige und entscheidende Rolle spielen.
Diagnose von Artikulationsstörungen
Vielen Eltern fällt die fehlerhafte Aussprache ihres Kindes schnell auf. Gerade, wenn sie das eigene Kind mit gleichaltrigen Kindern vergleichen. Der erste Ansprechpartner ist dafür dann der Kinderarzt. Dieser überweist Sie bzw. das Kind weiter zum Logopäden. Anhand von Bilder-Spielen und das Sprechen miteinander kann dieser dann die Art und das wirkliche Ausmaß der Sprachstörung erkennen.
Falls Sie die Schwierigkeiten nicht selbst erkennen oder unbewusst nicht wahrhaben wollen, wird der Kinderarzt das Artikulationsproblem bei der U9 feststellen. Bei dieser Untersuchung zwischen dem 5. und 6. Lebensjahr wird die Sprachentwicklung des Kindes genau überprüft.
» Mehr Informationen über die U-Untersuchungen finden Sie hier.
Therapiemaßnahmen von Artikulationsstörungen
Nach der endgültigen Diagnose erstellt der Logopäde ein individuelles Konzept, welches genau auf Ihr Kind zugeschnitten ist. Hier gibt es keine standardisierte Therapie. Je nach Störung hat Ihr Kind dann regelmäßige Termine, bei denen verschiedene Übungen durchgeführt werden. Dazu gehören das Training der Mundmuskulatur, Höraufmerksamkeitstests, altersgerechte Spiele und viele Gespräche.
Die Therapie sollte bis zum Beginn der Einschulung abgeschlossen sein. Andernfalls würde sich die Sprachentwicklung negativ auf das Schreiben auswirken und Lernschwierigkeiten verursachen.
Aber nicht nur Logopäden können Ihrem Kind gezielt helfen, auch zu Hause können Sie Ihr Kind unterstützen. Hier ein paar Tipps, die wahre Wunder bewirken können.
Tipps für Zuhause
- Tipp 1: Schauen Sie sich mit Ihrem Kind verschiedene Bilderbücher an. Lassen Sie sich dabei bestimmte Gegenstände zeigen und natürlich auch benennen.
- Tipp 2: Auch Memory spielen kann die Sprache verbessern. Während des Spielens muss Ihr Kind Ihnen immer wieder die verschiedenen Motive benennen.
- Tipp 3: Sprechen Sie zu Hause immer langsam und deutlich.
- Tipp 4: Gucken Sie Ihr Kind an, wenn Sie mit ihm sprechen.
- Tipp 5: Machen Sie sich keinesfalls über die Fehler Ihres Kindes lustig, auch wenn es sich noch so blöd anhört.
- Tipp 6: Schimpfen Sie nicht mit Ihrem Kind, auch wenn es das Wort nach dem dritten Mal noch falsch sagt. Probieren Sie es immer wieder zu ermutigen und ihm ein gesundes Selbstwertgefühl zu vermitteln.
- Tipp 7: Wiederholen Sie nie das falsch gesprochene Wort, sondern sprechen Sie einfach das richtige Wort noch einmal deutlich nach.
- Tipp 8: Loben Sie Ihr Kind für richtig gebildete Laute.
- Tipp 9: Wenn ihr Kind an einer Sprachstörung leidet, solltet Sie es vorerst nicht zweisprachig erziehen. Es ist besser, wenn es erst mit einer Sprache einhundertprozentig zurecht kommt, bevor es eine andere fremde erlernt.
- Tipp 10: Fragen Sie beim Logopäden gezielt nach Übungen für die Mundmuskulatur, die Sie zusammen mit Ihrem Kind zu Hause durchführen können.
- Tipp 11: Wenn der Logopäde es nicht bereits schon getan hat, lassen Sie Ihr Kind auf Hör- bzw. Sehstörungen untersuchen. Wenn hier Probleme auftauchen, können ebenfalls geeignete Therapiemaßnahmen ergriffen werden.